Ohne Kredite, Versicherungen und sonstige Investitionen wird kein Atomkraftwerk, kein Staudamm und keine Pipeline gebaut. Auch Bergbaukonzerne und Waffenhersteller benötigen ständig frisches Geld. urgewald macht die Finanzierung von Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen sichtbar und benennt die Verantwortlichen.
„Follow the Money“ ist der strategische Ansatz unserer Kampagnen gegen Investoren und sonstige Finanziers. Er zielt genau auf die Achillesferse dieser Vorhaben: das Geld.
Earth provides enough to satisfy every man's needs, but not every man's greed.
Nachhaltiges Investieren ist keine bloße Frage des Gewissens mehr, es geht hier längst, ganz existentiell, um unsere Zukunft.
Banken spielen eine zentrale Rolle bei der Realisierung klimaschädigender und menschenrechtsverletzender Vorhaben. Ohne ihre Gelder würden viele dieser Projekte erst gar nicht umgesetzt werden können.
Die Pariser Klimaziele erfordern einen schnellen Ausstieg aus der Kohle, aber sehr viele Banken und Investoren marschieren immer noch in die entgegengesetzte Richtung. Dies gilt insbesondere für deutsche Banken. Sie beteuern gerne ihre Sorge um das Klima, sind aber nicht bereit, ihre Finanzdienstleistungen für Kunden aus der Kohleindustrie zu beenden.
Wenn wir das Pariser Klimaziel noch erreichen und die Klimakatastrophe abwenden wollen, müssen Unternehmen, die weiter auf Kohle – die CO2-intensivste Form der Stromerzeugung – setzen, umgehend von jeglicher Finanzierung ausgeschlossen werden.
Auch die Finanzindustrie muss endlich auf die Alarmrufe der Wissenschaft hören (z.B. IPCC-Sonderbericht) und handeln, um die Folgen der Klimakatastrophe zu begrenzen.
Jetzt kommt es darauf an, dass der Druck immer weiter wächst, kein Geld mit dreckigen Geschäften zu verdienen.
Die Stiftung Zukunft jetzt! unterstützt 2023 mit ihrer Förderung die GCEL und GOGEL, die Finance Campaigner School und die Transformationskampagne. urgewalds Botschaft in allen Kampagnen lautet: Es darf kein Geld mehr in die fossile Wirtschaft fließen – und wir alle können dazu beitragen.
„It is not an investment if it is destroying our planet.“ Das sagte die Trägerin des alternativen Nobelpreises, Dr. Vandana Shiva. Das sieht auch die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald so – und folgt deshalb einer zentralen Frage: Wie dreht man Klimakillern den Geldhahn zu?
Angesichts der Klimakrise fühlen sich viele Menschen machtlos. Ob der Einkauf im Bioladen, die Fotovoltaikanlage auf dem Dach oder Balkon – all das reicht nicht, wenn die Großen nicht mitmachen. Denn der Kampf gegen den Klimawandel ist ein Wettrennen gegen die Zeit: Die Erderwärmung schreitet laut der Weltwetterorganisation (WMO) schneller voran als bisher erwartet. Schon jetzt erleben wir Dürren, Überschwemmungen und Waldbrände als Vorboten von dem, was noch auf uns zukommen könnte.
Obwohl längst offensichtlich ist, was passieren muss, laden die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu „Business as usual“ ein. Kohle-, Öl- und Gasunternehmen expandieren ungebremst weiter. Sie erschließen überall auf der Welt neue Reserven, selbst in hochsensiblen Ökosystemen wie der Arktis oder der Tiefsee – und verschärfen die Klimakrise immer weiter. Für urgewald ist klar: Auf die Politik können wir nicht warten. Die fossilen Unternehmen werden so lange wie möglich weitermachen.
Oder so lange, bis niemand mehr ihre Pläne finanziert. Genau an diesem Hebel setzt urgewald erfolgreich an: Denn hinter jedem Unternehmen, das neue fossile Energiequellen erschließt, stehen Banken, Investoren und Versicherer, ohne die diese Pläne nicht realisiert werden könnten.
Doch wie bringt man globale Investoren dazu, aus fossilen Unternehmen auszusteigen? Wie überzeugt man Versicherungen, fossile Projekte nicht mehr zu versichern? Der Erfolg von urgewald beruht auf der Kraft guter Argumente, auf der der Qualität seiner Recherchen, auf einer besonderen Hartnäckigkeit – und dem Glauben daran, dass Kampagnen zu gewinnen sind.
Beispiel Norwegen
urgewald hat die bisher größte, wegweisende Kohle-Divestment-Entscheidung angestoßen: den weitgehenden Kohleausstieg des Norwegischen Pensionsfonds im Jahr 2015. Er ist einer der größten Pensionsfonds der Welt und war zu diesem Zeitpunkt einer der Top-Ten-Investoren in die globale Kohleindustrie. Norwegens Divestment Entscheidung war ein wichtiger Schritt, der in der Finanzbranche einen Domino-Effekt auslöste: Im gleichen Jahr verkündete auch der Allianz Versicherungskonzern eine deutliche Reduzierung ihrer Investments in Unternehmen der Kohleindustrie. Die Allianz verwies dabei auf die jahrelange Arbeit verschiedener Umweltorganisationen, darunter urgewald, als treibende Kraft hinter dem Beschluss.
Die “Exit-Listen”
Diese Erfolge inspirierten urgewald, das Wissen zur Kohleindustrie systematisch auszubauen und zu publizieren. Aus dieser Idee entstand die Datenbank Global Coal Exit List (GCEL). Sie wurde 2017 erstmals veröffentlicht. 2021 folgte die Global Oil and Gas Exit List (GOGEL). Beide wurden entwickelt, um die fossilen Pläne und Aktivitäten der Unternehmen sowohl für die Finanzwelt als auch für die Öffentlichkeit sichtbar zu machen- und zeigen deutlich, wer immer noch expandiert.
urgewalds Ansatz wirkt. Die beiden Datenbanken zeigen der Finanzbranche einen konkreten Weg raus aus ihren fossilen Investitionen. Der Allianz folgten die großen Versicherungen AXA und Generali und die französische Bank UniCredit. Als erste große konventionelle Bank in Deutschland bekannte sich die Commerzbank Ende 2021 zum Ende der Investition in Kohle und definierte erste Ausschlusskriterien für Öl & Gas. Sie und viele andere Investoren berücksichtigen bei der Verschärfung ihrer Kriterien die urgewald Daten.
Globaler Impact
Ein bahnbrechendes Ereignis im ersten Halbjahr 2023 war die Berücksichtigung der urgewald-Datenbanken im „Global Financial Stability Report“ des Internationalen Währungsfonds (IWF).
Die Wirkung der urgewald-Datenbanken entfaltet sich über die Zeit: Je mehr Investoren fossile Firmen von Finanzierungen ausschließen, desto schwieriger wird es für die Unternehmen, Kapital zu günstigen Konditionen zu bekommen. Durch urgewalds Finanzrecherchen und die Kooperation mit internationalen NGO-Partnern wächst das Reputationsrisiko für Unternehmen und ihre Geldgeber – und nach und nach kann der Kapitalstrom für fossile Unternehmen versiegen.
Diese langfristige Perspektive bringt eine hohe Verantwortung mit sich – denn nur wenn urgewald auch in Zukunft Daten zur Verfügung stellt, können diese ihre Wirkung entfalten. Dieser Verpflichtung kann urgewald nur nachkommen, wenn die Finanzierung sichergestellt ist. Dank der Unterstützung der Stiftung Zukunftjetzt! kann urgewald auch 2023 die Arbeit an den Datenbanken und Kampagnen fortsetzen.
Ein weltumspannendes Netzwerk
Im Kampf gegen die Klimakrise setzt urgewald zudem auf Zusammenarbeit und starke Kampagnen. Internationale Vernetzung trägt urgewalds Daten in die Welt – und ermöglicht gemeinsame Kampagnen mit Partnerorganisationen. Die Campaigner*innen sorgen dafür, dass die recherchierten Fakten zu Klimakillern und die Stimmen von Betroffenen auch auf Aktionärsversammlungen, in Vorstandsetagen und in der Politik Gehör finden.
„Spread the Word“ – Finanzkampagnen als Hebel einsetzen
Mit der Finance Campaigner School teilt urgewald Kampagnen-Erfahrung und fundiertes Finanzwissen mit Aktivist*innen aus aller Welt – und fördert so Austausch und Zusammenarbeit. Die Finance Campaigner School unterstützt die globale Bewegung und hilft, den Druck auf die Finanzwelt zu erhöhen.
Mit der Transformationskampagne engagiert sich urgewald für nachhaltige Kapitalanlagen bei Stiftungen, Vereinen sowie bei kleineren und mittleren Investoren.
Fakten zur Global Coal Exit List GCEL
Die in der GCEL gelisteten Unternehmen repräsentieren 90 % der weltweiten Kraftwerkskohleproduktion und 90 % der weltweiten Kohlekraftwerkskapazität. Investoren, die ein Vermögen von 16 Billionen US-Dollar verwalten, nutzen bereits die Kriterien der GCEL, um Kohleunternehmen aus ihren Portfolios auszuschließen. GCEL ist die erste Datenbank, die in die Zukunft gerichtete Daten zur Verfügung stellt: Das Expansionskriterium. Es zeigt auf, welche Unternehmen ihre Kohleabbauaktivitäten ausweiten, neue Kohlekraftwerke entwickeln oder andere kohlebezogene Infrastruktur bauen.
Fakten zur Global Oil and Gas Exit List GOGEL
GOGEL ist weltweit die erste öffentliche, umfangreiche Datenbank zu Unternehmen aus der Öl- und Gasindustrie. Sie umfasst seit der ersten Aktualisierung im November 2022 über 900 Unternehmen und bildet damit 95% der weltweiten Öl- und Gasproduktion ab. Inzwischen (2023) nutzen etwa 200 Vertreter*innen aus ungefähr 100 unterschiedlichen Finanzinstituten die GOGEL-Daten. In der Datenbank wird dargestellt, um wie viel BBOE (Billion Barrel of Oil Equivalent) die Expansionspläne der einzelnen Unternehmen das 1,5 °C-Ziel überschreiten.
Here is your country. Cherish these natural wonders, cherish the natural resources, cherish the history and romance as a sacred heritage, for your children and your children's children. Do not let selfish men or greedy interests skin your country of its beauty, its riches or its romance.
Global Oil & Gas Exit List GOGEL – A new Tool to Move Finance Out of Fossil Fuels
Global Coal Exit List GCEL– The most comprehensive Tool to Move Your Money out of Coal
Five Years Lost Report – How Finance is Blowing the Paris Carbon Budget
Von wegen Klimaschutz: Weltweit sind noch viele Kohlekraftwerke in Planung (handelsblatt.com)
International Monetary Fund. 2023. Global Financial Stability Report.
Video: Vorhang auf für Urgewald