Nach unglaublichen und nervenkostenden 10 Jahren seit Klageeinreichung durch den peruanischen Bergführer Saúl Luciano Lliuya gegen RWE hat der Klagefall mit dem Schlussurteil Rechtsgeschichte geschrieben. Zwar hat am 28.05.2025 das Oberlandesgericht in Hamm die Klage von Saúl Luciano Lliuya abgewiesen, weil es das Risiko für eine Schädigung seines Hauses durch eine Flutwelle als nicht hoch genug angesehen hat. Aber das Gericht hat in dem Zivilverfahren festgestellt, dass grundsätzlich große Emittenten für die Folgen ihres Beitrags für die Klimakrise auf der Basis des § 1004 BGB zur Verantwortung gezogen werden können.
Saúl Luciano Lliuya hatte gegen RWE geklagt, da durch die Gletscherschmelze der Pegel des Palcacocha-Sees oberhalb der Stadt Huaraz gefährlich angewachsen ist. Allein seit 2003 ist der See um mehr als das Vierfache und seit 1970 um das 34-fache angewachsen. Ein möglicher Gletscher- oder Felssturz in die Lagune könnte zu einer meterhohen Überschwemmung in der Stadt Huaraz führen, die auch das Haus von Saúl Luciano Lliuya treffen würde. Er wollte erreichen, dass RWE gemäß dem Anteil an den CO2-Emissionen und dem daraus resultierenden Klimawandel für Schutzmaßnahmen am Gletschersee Palcacocha aufkommt. Die notwendige Wahrscheinlichkeit, dass in den nächsten 30 Jahren eine Flutwelle Schäden an seinem Haus verursacht, hat das Gericht in diesem Fall als nicht hoch genug eingeschätzt – auch wenn externe Gutachter das Risiko viel höher einschätzen.
Auch wenn Saúl Luciano Lliuya bzgl. seines Hauses nicht gewonnen hat, empfindet er das Präzedenzurteil trotzdem als einen Gewinn für die Berge und die Menschen in Huaraz, da nun Verursacher der Klimakrise für die Folgen ihres Tuns einstehen müssen – dies sagte er, als er nach der Urteilsverkündung per Zoom zugeschaltet wurde.
Seine Anwältin Roda Verheyen betonte noch einmal, dass erstmals in der Geschichte ein hohes Gericht in Europa urteilt, dass große Emittenten für die Folgen ihrer Treibhausgasemissionen zur Verantwortung gezogen werden können und hier bei uns deutsches Zivilrecht im Kontext der Klimakrise anwendbar ist. Eine ähnliche zivilrechtliche Gesetzgebung gibt es aber in vielen anderen Ländern.
Die Stiftung Zukunftsfähigkeit und Germanwatch, die die Klage seit Anbeginn begleiten, werden nun intensiv nächste rechtliche Schritte prüfen und auch, wie Saúl und die Menschen in Huaraz künftig so gut wie möglich vor den Folgen der Klimakrise geschützt werden können. Es besteht bereits seit mehreren Jahren eine enge Zusammenarbeit mit der peruanischen NGO Wayintsik („Unser Haus“). Diese betreibt intensive Aufklärungsarbeit zur Klimakrise und zu Anpassungsmöglichkeiten für die Menschen in den Hochanden. Der Fall des Dorfes Blatten in der Schweiz hat gerade gezeigt, wie zerstörerisch ein Bergsturz sein kann.
Die Stiftung Zukunft jetzt! unterstützt diese besondere Musterklage bereits seit 2020 - dabei vor allem bei der Koordinations- und klimapolitischen Beratungsarbeit rund um den Fall sowie bei den Anwaltskosten. Wir sind stolz, dass wir diese Klage über einen so langen Zeitraum begleitet haben.
Die Stiftung Zukunftsfähigkeit engagiert sich für globale Gerechtigkeit und die Beachtung der planetaren Grenzen im Sinne der SDGs und der 2030 Agenda der Vereinten Nationen und der Umsetzung des Pariser Klima-Abkommens.