Für Wale und Delfine lassen sich die meisten Menschen leicht begeistern – und in den letzten Jahren haben auch die Haie viele Fans gewonnen. Doch das gilt nicht für die unzähligen kleineren Lebewesen in den Meeren, für die sich Viele nur auf Speisekarten interessieren. So sehen sich manche Menschen als Vegetarier, obwohl sie Fisch oder „Meeresfrüchte“ essen. Dies zeigt, welch geringen Stellenwert Fische haben. Dabei betrifft die Überfischung der Meere nicht nur die vielen Arten, die direkt in der Fischtheke landen, wie der in Europa als „Fish & Chips“ oder „Schillerlocke“ beliebte Dornhai oder die Seegurken (mit kleinen Stacheln besetzte Wirbellose, die eng mit den Seesternen verwandt sind und in Asien als Delikatesse gelten). Selbst kleine Fische und sogar Krill werden inzwischen industriell abgesammelt, um sie zu Fischmehl für die boomenden Aquakulturen zur Fütterung von Lachs & Co zu verarbeiten – dieses Phänomen nennt man „fishing down the foodweb“ und ist ein extremer Eingriff in die marinen Nahrungsketten.
Dass die Meere dramatisch überfischt sind, hat zwei zentrale Gründe: Zum einen war die Hochsee bislang ein nahezu rechtsfreier Raum und der Fang dort kaum geregelt. Zum anderen fördern Länder, die industrielle Fischfangflotten haben, den Ausbau ihrer Flotten, den Kauf von Hightech-Geräten zur Ortung von Fischschwärmen, noch größere Netze und sogar den Sprit, wodurch sich Langstreckenfahrten selbst in weit entfernte Fanggebiete lohnen.
2022 gab es eine bahnbrechende Entscheidung der Welthandelsorganisation WTO: Nach 20 Jahren mühsamer Verhandlungen wurde beschlossen, solch schädliche Subventionen in der Fischerei zu beenden. Auch wenn dies derzeit nur für illegale, unregulierte und nicht-nachhaltige Fischerei (engl. IUU) und zunächst nur für Industrienationen gilt – es ist ein Riesenerfolg, für den wir uns in dem globalen Bündnis #StopFundingOverfishing stark gemacht haben. Doch wir arbeiten weiter daran, das Subventionsverbot zu verschärfen.
Im März 2023 kam der nächste Durchbruch: Die Staatengemeinschaft konnte sich endlich auf das UN-Hochseeabkommen „BBNJ“ (Biodiversity Beyond National Jurisdiction, auf Deutsch „Biodiversität jenseits des nationalen Einflussbereiches“) einigen, das den Raubbau auf der Hohen See beenden soll: Es steckt noch in den Anfängen, hat aber das Potenzial, wirklich einen Unterschied zu machen.
Dank des Hollywoodfilms „Der weiße Hai“ waren Haie lange als Killermaschinen verschrien. Erst in den letzten Jahren änderte sich ihr Image. Denn inzwischen weiß auch die breitere Öffentlichkeit, dass Haie nicht nur faszinierend, sondern essenziell notwendig sind für die Gesundheit der Meere und den Erhalt mariner Lebensräume. Beim Schutz der Haie ging es in den letzten Jahren stetig voran: So sind inzwischen weit mehr als 100 Arten durch CITES geschützt und der internationale Handel mit ihnen wird nun streng überwacht – und selbst für kleine wirbellose Meeresbewohner lief die CITES-Konferenz gut: Auch mehrere Arten Seegurken wurden bei CITES gelistet.
Auch beim regionalen Fischereiabkommen ICCAT, zuständig für den Fang von Thunfisch und Haien im Atlantik, brachten gerade die Jahre 2021 und 2022 dem Haischutz Rückenwind. Wir konnten erreichen, dass der stark gefährdete Makohai im Nordatlantik gar nicht mehr gefangen werden darf und dass für den Südatlantik der Fang erstmals überhaupt begrenzt wurde. Auch gaben der von Pro Wildlife mit unterstützte EU-Bürgeriniative #StopFinningEU mehr als 1,1 Millionen EU-Bürger*innen ihre Stimme. Diese verlangt ein Verbot des Handels mit Haiflossen in und aus der EU. Nicht ohne Grund: Die EU ist bis heute einer der größten Lieferanten für die Haiflossenmärkte in Fernost.
Zurück zu den Giganten der Ozeane, den Walen: Wurden ihre Bestände bis in die 1970er Jahre durch industriellen Walfang dramatisch dezimiert, gab es danach einen weltweiten Aufschrei der Empörung: Denn Video- und Tonaufnahmen brachten die faszinierenden Tiere einer breiten Öffentlichkeit nahe: z.B. die Gesänge der Buckelwale, die Tauchrekorde der Pottwale und die schiere Größe der Blauwale. Dieser breite Protest half, zwei der größten Artenschutzerfolge jemals zu ermöglichen: 1982 einigte sich die Internationale Walfangkommission (IWC) auf ein kommerzielles Walfangverbot (das 1986 in Kraft trat), etwa zeitgleich beschloss das CITES-Weltartenschutzabkommen ein globales Handelsverbot für Walfleisch und -speck. Dies beendete das Abschlachten der Meeresriesen fast überall. Selbst in Japan, Island und Norwegen, die aufgrund ihres Einspruchs nicht daran gebunden sind, ist die Waljagd dank fehlender Nachfrage für das Fleisch eine sterbende Industrie. Und wir drängen darauf, den kommerziellen Walfang komplett zu beenden!
Vielleicht denken nun sogar diese Länder um, denn neueste Studien zeigt, welch immense Rolle Wale für die Ozeane haben: Ihre Riesenkörper binden gewaltige Mengen CO2, sie sind bedeutende Kohlenstoffsenken. Und Wale scheiden immense Mengen Kot aus, der die Meere düngt und das Wachstum von Krill und Plankton fördert, was weiteren Kohlenstoff bindet. Dass Wale nicht nur aus Tier- und Artenschutzgründen geschont werden müssen, wird also immer deutlicher.
Die Meere sind so komplex und jede Art hat darin ihre ökologische Aufgabe. Es wird Zeit, dass die Menschen begreifen: Wenn wir die Ozeane weiter ausbeuten und zerstören, betrifft das unser aller Zukunft…
>> Meeresschutz
>> Delfinschutz
>> Walschutz
>> Haischutz
>> Überfischung