Veganismus für Menschen findet immer mehr seinen Weg in die Mitte der Gesellschaft. Und auch wenn diese Ernährungsweise auch für Hunde mehr Zustimmung findet, stehen ihr noch immer einige Menschen kritisch gegenüber. VEGDOG-Tierärztin Carla Steffen beantwortet die häufigsten Fragen zur veganen Hundeernährung.
Ja, man kann einen Hund sehr gut vegan ernähren. Wie bei jeder Ernährungsform ist es hier wichtig, dass das Futter alle Nährstoffe enthält, die der Hund benötigt. Es muss sich also um ein Alleinfutter bzw. eine bedarfsdeckende Ration handeln.
Die beiden häufigsten Gründe, seinen Hund auf eine pflanzenbasierte Ernährung umzustellen, sind Gesundheit und Ethik. Da mehr und mehr Hunde an Futtermittelunverträglichkeiten und Allergien leiden, suchen viele Halter*innen nach alternativen Eiweißquellen. Veganes Futter ist frei von tierischen Allergenen, die zu den Hauptursachen von Unverträglichkeiten beim Hund gehören. Daher wird pflanzliches Futter von vielen Allergikern sehr gut vertragen. Abgesehen davon spielt wie erwähnt auch die Ethik eine Rolle. Viele Menschen reduzieren ihren Fleischkonsum oder steigen auf eine komplett vegane Ernährung um. Da es mittlerweile möglich ist, auch Hunde pflanzlich zu ernähren, möchten viele HalterInnen auch hier aus Tierschutzgründen auf ein veganes Futter wechseln. Weiterhin reduziert sich dadurch auch der CO2-Footprint unserer Vierbeiner enorm.
Eine „artgerechte“ Ernährung per se gibt es eigentlich nicht- der Begriff „artgerecht“ wird tatsächlich in der Fachsprache so auch nicht verwendet. Vielmehr geht es darum, dass die Ernährung an die Bedürfnisse des jeweiligen Hundes angepasst sein muss. Dabei sind individuelle Vorlieben genauso zu berücksichtigen wie Alter, Bewegungsumfang oder mögliche Erkrankungen. Abhängig davon kann eine individuelle bedarfsdeckende Ration also sehr unterschiedlich ausfallen. Abgesehen davon ist auch die Frage, von welcher „Art“ wir eigentlich sprechen- denn unser Haushund ist kein Wolf mehr. Auch wenn es hier durchaus noch Parallelen geben mag, so stellt der Hund mittlerweile doch eine eigenständige Art dar, die auch ihre ganz eigenen Ansprüche an die Ernährung hat. Auch wir Menschen ernähren uns schließlich nicht mehr wie unsere Vorfahren.
Bei der Rohfütterung soll die Ähnlichkeit zum Wolf in den Fokus gestellt und eine möglichst „naturnahe“ Fütterung erreicht werden. Allerdings ist aus einer Vielzahl an Studien bekannt, dass sich der Hund in diversen Punkten vom Wolf unterscheidet. Das betrifft das Sozialverhalten ebenso wie die Verdauung. Durch Jahrtausende an der Seite des Menschen hat sich der Hund eher zum „Allesfresser“ entwickelt und benötigt z.B. auch deutlich weniger Protein als ein Wolf. Abgesehen davon entspricht auch die Rohfütterung meist nicht dem, was Wölfe tatsächlich in natürlicher Umgebung konsumieren. Ein anderer wichtiger Faktor ist die Keimbelastung bei rohem Fleisch. Auch hier mehren sich wissenschaftliche Erkenntnisse, dass vor allem roh gefütterte Hunde vermehrt pathogene Keime ausscheiden, erschreckenderweise auch zunehmend resistente Keime. Damit können rohgefütterte Hunde ein deutliches Risiko für ältere, jüngere oder weniger immunkompetente Menschen, aber auch für andere Hunde darstellen. Aus meiner Sicht überwiegen daher die Risiken bei einer Rohfütterung deutlich, weshalb ich empfehle, das Fleisch stets gut zu garen, wenn eine rein pflanzliche Ernährung aus individuellen Gründen nicht möglich ist.
Ob ein Futter alle Nährstoffe enthält, die der Hund benötigt, hängt primär davon ab, ob die Rezeptur bedarfsdeckend kalkuliert wurde, also ob die Inhaltsstoffe auf sinnvolle Weise kombiniert wurden. Dies gilt gleichermaßen für vegane wie für fleischhaltige Diäten. Ein fleischhaltiges Futter kann ebenso wie ein veganes Futter zu Mangelerscheinungen führen, wenn es nicht bedarfsdeckend zusammengesetzt ist. Der Unterschied liegt viel mehr in der öffentlichen Wahrnehmung; da die vegane Ernährung von Hunden für viele noch relatives Neuland ist, muss sie sich deutlich intensiveren und kritischeren Nachfragen stellen. Dies beinhaltet z.B. wiederholte Laboranalysen und Verdaulichkeitstests. Fleischhaltiges Futter genießt hier einen deutlichen Vertrauensvorschuss. Doch die Quelle der Nährstoffe ist zweitrangig. Wichtig ist, dass der Hund mit allen Nährstoffen versorgt wird, die er benötigt. Und das ist mit einer ausgewogenen, pflanzlichen Ernährung gegeben.
Milch- und eihaltige Produkte gehören unter anderem zu den häufigsten Allergenen beim Hund. Damit scheiden vegetarische Futter für viele Allergiker aus. Weiterhin entstehen vor allem bei der Produktion von Milch immense Mengen an Methan und CO2, die die Umwelt enorm belasten. Viele Menschen blenden aus, dass auch für eine vegetarische Ernährung die Ausnutzung und Schlachtung von Kühen und Hühnern aktiv unterstützt wird. Viele KundInnen möchten dieses Leid nicht länger unterstützen und setzen daher auf eine vegane Ernährung.
Grundsätzlich empfiehlt sich – unabhängig von der Ernährungsform – ein jährlicher Check-Up beim Tierarzt. Dies ist besonders hilfreich als Verlaufskontrolle, um mögliche Erkrankungen frühzeitig zu erkennen. Eine Aussage darüber, ob der Hund durch sein Futter alle Nährstoffe bekommt, die er benötigt, lässt sich allerdings allein anhand des Blutes nicht treffen. Auch sogenannte BARF-Profile eignen sich hier nur sehr eingeschränkt, da die meisten im Blut messbaren Nährstoffe sehr eng vom Körper reguliert werden und sich Mangelversorgungen erst sehr spät oder teilweise gar nicht feststellen lassen. Der einzig sichere Weg ist hier eine professionelle, individuelle Rationsberechnung.
Aktuell bieten wir unser Futter für Hunde ab einem Alter von 12 Monaten an. Das hängt mit dem besonderen Nährstoffbedarf von Welpen zusammen. Selbst für Hersteller fleischhaltiger Produkte ist ein Welpenfutter meist eine Herausforderung, da sich die Bedarfswerte in Abhängigkeit des Wachstums stetig ändern. Da wir bis dato kaum wissenschaftliche Informationen zu veganer Welpenernährung haben, warten wir bewusst noch ab, bis unsere FachtierärztInnen grünes Licht geben, bevor wir ein entsprechendes Produkt auf den Markt bringen. Aber unsere pflanzlichen Snacks werden von Hunden aller Altersklassen sehr gerne angenommen.
Wenn weitere Fragen zur veganen Hundeernährung bestehen, wenden Sie sich gerne an tierarzt@vegdog.de.